Donnerstag, 6. September 2012

Meta Morfoss


Mein Name ist Herr Maffrodit, ich habe einen Schnurrbart und bin die Tante von Meta Morfoss. Man kann auch sagen, Meta ist meine Nichte. Beides ist richtig, es kommt auf den Standpunkt an. Ich möchte Ihnen meine Nichte vorstellen.

Meta ist ein kluges Mädchen, welches nicht nur klug ist, sondern auch die Begabung hat, besonders fein fühlen, hören und sehen zu können. Sie hat so gut gespitzte Ohren, dass sie das Gras wachsen hört, und so scharfe, seelenvolle Augen, dass sie problemlos in andere Menschen hineingucken kann. Oft wundert sie sich über das, was sie da zu sehen bekommt. Die anderen Menschen wundern sich dann, warum Meta sich wundert und entschließen sich fast immer, sie wunderlich zu finden. Sie sagen, weil sie es nicht besser wissen: "Kein Wunder, dass Meta so ist, wie sie ist - bei dem Namen!" Weil Meta in die anderen Menschen hineingucken kann, weiß sie, wie es ihnen geht. Manchmal vergisst sie, dass die anderen Menschen dies nicht können, und dann ist sie traurig und glaubt, dass niemand sie versteht.

Oft wundert sich Meta darüber, was die Menschen einander antun, wie sie miteinander umgehen, wie sie sich weh tun, eifersüchtig sind, statt sich lieb zu haben, sich treu zu sein, sich fair zu verhalten und nicht nachtragend zu sein. Meta hat alle Menschen lieb, sie könnte es anders gar nicht ertragen. Und auch alle Tiere. Einmal hat sie einem Schweinchen Gummistiefel gebracht, damit es keine kalten Füße bekomme. Wenn ihre Eltern keine Zeit haben, kümmert sie sich um ihre kleine Schwester, treibt mit ihr Schabernack, schlägt mit ihr Kabolz, liest ihr lustig-gruslige Geschichten vor, malt ihr Bilder (einmal einen Löwen mit einem weinenden und einem lachenden Auge) - und erzählt ihr von dem Schloss, in dem sie wohnt.

Meta vermag die schönsten Träume zu träumen. In ihrem Lieblingstraum lebt sie in einem riesigen Schloss zusammen mit all ihren Freunden und Verwandten. Ihre Eltern sind das Königspaar, und alle sind die ganze Zeit vergnügt und zu Späßen aufgelegt. Meta ist sich ganz sicher, dass alle Menschen in diesem Schloss wohnen könnten, doch wenn sie ihnen davon erzählt, erntet sie oft ratlose Blicke. Selbst ihrer allerbesten Freundin, von welcher sie vor nicht all zu langer Zeit gefragt wurde, ob sie nicht endlich aus ihrem Traum erwachen wolle, musste sie sagen: "Ach Susi, mach doch das schöne Schloss nicht kaputt. Zieh lieber mit ein, nimm mich in den Arm und sag, dass du mich ein bisschen verstehst. Das Schloss, in dem ich lebe, ist so groß, dass alle, alle Freunde, alle Verwandten, alle Menschen und auch alle Tiere der Welt Platz darin fänden, nicht nur du und ich allein."

Sie sehen, Meta ist der wundervollste Mensch der Welt. Was Sie nicht sehen, weil Sie es nicht sehen können, ist, dass Metas Augen oft ein bisschen traurig blicken. Sie trägt sich mit heftigen Absichten und ist auf genau die richtige Art und Weise frech. Viel redet sie nicht. Aber was sie sagt, das sitzt. Wenn Sie sich - aus Liebe zum Nochniedagewesenen - für die bestmöglichen Menschen interessieren, werden auch Sie zugeben, dass es Zeit wurde, Ihnen Meta vorgestellt zu haben. Es wurde wirklich Zeit.

Ton Steine Scherben / Marianne Rosenberg:
Ich hab geträumt / der Winter wär vorbei / du warst hier / und wir warn frei / und die Morgensonne schien // Es gab keine Angst / und nichts zu verliern / es war Friede bei den Menschen / und unter den Tiern / das war das Paradies...



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