Mittwoch, 29. Dezember 2010

Paranoia.

Letztens dachte ich über die kommende Ökodiktatur nach. Das passiert mir immer, wenn einer sagt, er kaufe nur Bio, und ich ihn dann frage, warum nicht alle so schlau seien wie er und Bio kauften, und er dann sagt, Bio für alle ginge ja gar nicht weil die Ressourcen beschränkt seien. Ich dachte also nach und sah plötzlich ein Bild. Auf dem Bild war ein adretter, frisch gescheitelter Offizier zu sehen – und sein Schäferhund hieß Arko oder Hasso –, wie er in seinem gepflegten Vorgärtchen Brechbohnen, Zuckererbsen und Karotten erntete, die zuvor nach allen Regeln der demeterdynamischen Weledawaldorfwunderkunst angebaut wurden, und wenn er sich umdrehte, sah er, wie die Schlote der Krematorienöfen rauchten, wo gerade diejenigen verbrannt wurden, für die die Ressourcen nicht gereicht haben.

So verrückt machen mich die Grünen.

Montag, 6. Dezember 2010

Schwarze Sklaven.

Angola litt beinahe 500 Jahre lang unter portugiesischer Kolonialherrschaft. 1975, als sich das Land endlich befreit hatte, war es verarmt. Das Land war so arm, dass in der viel reicheren, nichtsdestotrotz aber gleichfalls armen DDR ein Wortspiel kursierte, welches man sich in breitem Sächsisch weiterzuerzählen pflegte: „An Gola gönnd ich mich dodsaufen“. Gemeint war, dass es in der DDR an ordentlicher Brause und in Angola an ordentlichen Lebensgrundlagen mangelte. Heute ersöffe Angola in Öl, könnte es Öl saufen. Da dem nicht so ist und das Öl auch nicht den Angolanern gehört, ist die Landeshauptstadt Luanda zurzeit die teuerste Stadt der Welt und Angola immer noch bitterbettelarm.

Weiße Sklaven oder Die Erfindung des Terrorismus.

Im Jahre 1729 veröffentlichte der Schriftsteller Jonathan Swift eine Satire, die ihn noch berühmter machen sollte, als er es schon war. Sie trug den genau so langen wie provozierenden Titel A Modest Proposal: For Preventing the Children of Poor People in Ireland from Being a Burden to Their Parents or Country, and for Making Them Beneficial to the Public. In einer Sprache kühlster wissenschaftlicher Präzision forderte Swift schier Unglaubliches: Eat the poor! In seiner Schrift wies er anschaulich den ökonomischen Nutzen nach, die Kinder der Armen ins Schlachthaus zu schicken. „Gesotten, gebraten, gebacken, gekocht“ könnten sie zum köstlichsten Nahrungsmittel werden, ihre Haut zudem zur Herstellung feiner Damenhandschuhe dienen. Indem er sie spiegelte, legte er die Heuchelei Englands bloß und traf die Engländer an einem empfindlichen Nerv: Kein Mensch lässt sich gern als Kannibale empfehlen. Mit seiner gleichfalls rhetorischen wie unerträglichen Frage: Warum sollten die Engländer nicht auch die Kinder Irlands verschlingen, wenn sie schon das Land verschlungen hatten? provozierte er jedoch nicht nur die britischen Besetzer und Besitzer Irlands, sondern auch ein Nachdenken über die Ursachen der Überbevölkerung, der Armut und der Kriminalität in Englands Kolonie. Liest man diesen Text, versteht man, dass die Iren europäische Neger waren. Man versteht auch, warum das Erbe der englischen Kolonialzeit so nachwirkt, wie es heute nachwirkt.

Der ehrenhafte Swift, der die Verrücktheit Englands anprangerte, wurde von den Iren zum Ehrenbürger Dublins gekürt und von den Engländern für verrückt erklärt. Letztere steckten ihn ins Dubliner Irrenhaus, das er selbst mitfinanziert hatte.